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Tag-Archiv für Surfer
Sommerurlaub auf Quiberon 1 – An der wilden Küste, der Côte Sauvage
Wir sitzen mal wieder in der Crêperie „Avel Mor“ im kleinen und beschaulichen Hafen von Portivy auf der Halbinsel Quiberon in der Bretagne. Ende Juli, Hochsaison. Mittags ist hier jeder Stuhl besetzt, und es lässt sich nicht vermeiden, das eine oder andere Gespräch in der Nachbarschaft mitzuhören. Am Nebentisch versteht eine Kellnerin nicht die Frage eines französischen Urlaubers, und der Urlauber nicht ihre Antworten. Gefragt hatte der Gast nach der schönsten Stelle an der Côte Sauvage, Quiberons wilder Westküste, und die junge Frau schildert ihm mit großer Begeisterung, in immer neuen Anläufen und immer detail- und wortreicher die Schönheit dieses etwa sieben Kilometer langen, felsigen Küstenabschnitts.
Nach fast zwei Wochen Urlaub auf der Halbinsel würden wir jedes Wort von ihr unterschreiben, verstehen aber auch, warum die Kommunikation zwischen den beiden so gar nicht funktionieren will: Die schönste Stelle an der Côte Sauvage gibt es nämlich nicht. Die gesamten sieben Kilometer sind eine Wucht, und alle paar Meter gibt es neue umwerfende Aussichten auf die Felsen und das Meer. Fast täglich sind wir mit unseren Fahrrädern die schmale, kurvige Küstenstraße abgefahren, haben unzählige Male angehalten und konnten uns nicht satt sehen. Je nach Tageszeit, Wasserstand und Wetter gab es Neues zu entdecken.
Mal führt die Straße ganz nah an den Klippen vorbei, mal in größerer Entfernung über Anhöhen, die weite Blicke eröffnen. An mehreren Stellen biegen Wege zu einzelnen Buchten ab und enden in gebührendem Abstand auf Parkplätzen, von denen man zu Fuß weiter gehen muss. In früheren Jahren hatte dieses großartige Stück Natur so sehr unter dem Ansturm der Besucher gelitten, dass nun große Flächen oberhalb der Felsen durch einen Draht abgetrennt sind, der über kniehohe Holzpfosten gespannt ist. Auf Tafeln werden die Besucher gebeten, auf den Fußwegen zu bleiben und die Vegetation zu schonen. Erfreulicherweise funktioniert diese eher symbolische Absperrung sehr gut. Nur wenige Menschen betreten die abgesperrten Flächen, so dass sich auch die dort lebenden Vögel einigermaßen sicher fühlen können.
An der ganzen Côte Sauvage gilt striktes Badeverbot, weniger aus Gründen des Naturschutzes als wegen der Gefahr, die von den mitunter eindrucksvollen Wellen ausgehen, die gegen die Felsen krachen. Unbeeindruckt von dem Verbot zeigen sich vor allem die einheimischen Surfer, denen die Wellen gar nicht hoch genug sein können und die es besonders dann scharenweise in die einschlägigen Buchten treibt, wenn sich vorher ein Unwetter über dem Meer ausgetobt hat. In der Urlaubssaison ziehen sie viele Zuschauer an, von denen sich nicht wenige in denselben engen Buchten zum Baden in die Wellen stürzen. Dabei riskieren sie nicht nur, dass ihnen heftige Wellen die Beine wegziehen, sondern außerdem, dass sie von den Surfern im wahrsten Sinne des Wortes überfahren werden.
Die Côte Sauvage läßt sich auch mühelos erwandern. Unmittelbar über dem Meer führt ein schmaler Weg von Bucht zu Bucht und von Aussicht zu Aussicht. Er beginnt im Norden in Portivy und endet im Süden am nicht zu übersehenden Château Turpault am Rande des Hauptortes der Halbinsel, der ihr den Namen gegeben hat. Die einzige Einkehrmöglichkeit findet sich erst wieder etwa anderthalb Kilometer vor dem Ort Quiberon. Das hier sehr schön gelegene Restaurant „Le Vivier“ ist wegen seiner Austern und Meeresfrüchte im weiten Umkreis sehr beliebt und in der Hauptsaison mittags und abends in der Regel ausgebucht. Wer auf der Terrasse die Aussicht in Ruhe genießen möchte, plant seine Küstenwanderung, die eher ein langer Spaziergang ist, am besten so, dass er noch am Vormittag „Le Vivier“ erreicht und dort seinen Café nimmt.